Dienstag, August 29, 2006

Ein kurzer Sommer

Durch eine hartnäckige Virusinfektion war ich nun über einen Monat krank und von der zu Beginn meiner Erkrankung herrschenden Hitzewelle, ist nichts mehr übrig geblieben. Aus dem schwül-heißen Hochsommer ist ein bereits merklich kühler und regennasser Frühherbst geworden. Erste Pilze wachsen, schon werden manche Blätter braun und fallen ab, die Samen reifen an den Bäumen und als wichtigster Hinweis darauf, daß etwas vorübergegangen ist, die Schwalben fehlen. Sie haben sich schon wieder auf ihren langen Weg in den Süden gemacht. Abgesehen von den nun wieder häufigen Regenwolken, ist der Himmel still und leer geworden. Kein munteres Zwitschern ist mehr zu hören, keine kunstvollen Flugmanöver sind zu beobachten. Nun ziehen wieder Wolken und der Wind fährt wieder unsanft in die Zweige.

Dienstag, August 22, 2006

Iktomi - die Spinne

August ist für mich der Kreuzspinnenmonat.
Und der Kreuzspinnenmonat verweist auf das Zuendegehen des Sommers und den nahenden Beginn des Herbstes.
Im August hängen die großen, zarten Spinnennetze zwischen den Ästen oder gar Bäumen und gehe ich querfeldein, passe ich auf, keines dieser wunderbaren Gebilde durch meine Bewegungen zu zerstören. Viele sind eher klein und in Bodennähe, doch manche spannen sich von Stamm zu Stamm und man fragt sich, wie diese kleinen Tiere das wohl bewerkstelligt haben. Ihre Kunstfertigkeit ist einfach beeindruckend.
Früher waren mir Spinnen nicht ganz geheuer und über Kreuzspinnen sind sowieso diverse Gerüchte im Umlauf. Es ist für unsere Gesellschaft bezeichnend, daß wir nichts Positives über diese Wesen zu berichten haben.
Darum war es für mich zuerst verwunderlich in indianischen Geschichten von einem schlauen Wesen zu hören, genannt Iktomi, die Spinne, das mit Späßen und Streichen den Menschen und andere Lebewesen an der Nase herumführt. Dieser ganz andere Zugang war aber auch befreiend. Befreiend von der Last all des Negativen, das diesem Wesen anhaftet.
Es öffnet sich dann für mich immer eine andere, schönere Welt, in der Lebewesen mit Respekt begegnet wird. In der auch die vielen Fähigkeiten und Besonderheiten der Tiere gewürdigt werden.

Freitag, August 18, 2006

Der große Baum

In den heutigen fortstwirtschaftlich intensiv genutzten Wäldern werden möglichst einheitliche, dichtgedrängte Baumbestände herangezogen und es bleibt wenig Raum für einzelne Bäume sich ihrer Art gemäß zu entfalten. Eine Buche im waldbaulich vorgegebenen dichten Verband ist schmal und hoch, kleinkronig und hat mit dem, wie Buchen sein könnten nur mehr wenig gemein.
Umso beeindruckender ist es, wenn sich plötzlich der Raum weitet und eine stattliche Rotbuche, an die dreißig Meter hoch, Platz für sich beansprucht - 30 Schritte im Durchmesser - 30 Schritte ohne auf einen anderen Baum zu treffen, 30 Schritte freie, behütete Fläche, 30 Schritte pastorale, beschirmte Baumherrlichkeit, 30 Schritte in deren Mitte ein Lebewesen steht, das mehrere hundert Jahre alt werden kann, 30 Schritte gedämpften, gebrochenen Lichts, 30 Schritte unter einer weit ausladenden Baumkrone, die sich elegant, ja fast zart ausbreitet, 30 Schritte die einen einladen sich zu lagern, hinzulegen und zu essen oder zu spielen, unter einem mächtigen grünschimmernden Laubdach.
Es ist einfach ein besonderer Ort. Ein Ort der zu so Vielem einlädt, den man aber auch demütig wieder verläßt, um seine Stille, um seine Erhabenheit nicht zu stören.

Donnerstag, August 03, 2006

Paradies Garten?

Eine Krankheit zwingt mich das Bett zu hüten und in den vergangenen Tagen blieben die Fenster aufgrund der herrschenden Hitze tagsüber geschlossen. Nun sind Wolken und Regen gekommen und es ist angenehm kühl geworden.
So lag ich gestern im Bett, das Fenster war weit geöffnet und von draußen drangen vertraute, mich merkwürdig beruhigende und gleichzeitig erheiternde Geräusche ins Innere des Zimmers. Krächzende, schnarrende Eichelhäher, die sich in den nahen Bäumen herumtrieben.
Etwas ungewöhnlich für die Jahreszeit, stellen sie sich doch meist erst im Herbst in den Gärten ein, wenn es schon ruhiger geworden ist und sich nicht mehr so viele Menschen in ihnen aufhalten, andererseits aber die Sämereien schon reif an den Zweigen hängen.
Nach den drückenden Tagen ist nun mit dem kühleren Wetter und dem Besuch der Eichelhäher eine Ahnung eines schönen Herbstes in mir aufgestiegen, eines Herbstes in einer großen Parkanlage, naturnah und doch nicht unberührt, ohne Menschen und doch nicht völlig menschenleer, gestaltet von einer Hand, die um ihre Beschränktheit weiß, die die Grenzen der Einflußnahme kennt und sich dennoch in einem Netz von gegenseitigen Abhängigkeiten geborgen fühlt.
Vielleicht war das Paradies kein Garten, sondern ein weitläufiger Park.