Donnerstag, Februar 03, 2005

Vorrang

Bei meinen Spaziergängen lasse ich mich entweder treiben und gehe wohin es mich gerade zieht, oder ich nehme mir eine bestimmte Wegstrecke vor. Heute wußte ich genau wo ich hin wollte. Außerdem hat man zu Fuß bei der Schneelage keine große Auswahl, will man nicht bis zu den Knien im Schnee versinken.
Wir waren schon ziemlich fertig mit unserer Runde, als ich etwa hundert Meter vor uns auf der Forststraße Rehe entdeckte. Sie hielten sich dort auf, völlig ruhig, suchten vielleicht nach Nahrung, oder ruhten sich auch nur etwas aus. Unser Auftauchen hatten sie nicht bemerkt und deshalb blieb ich wie angewurzelt stehen, um sie zu beobachten.
Während ich die Tiere so betrachtete, mußte ich darüber nachdenken, daß unser Weitergehen sie zu einer Flucht durch den tiefen Schnee veranlassen würde. Ich als Mensch würde meinen Weg fortsetzen, so hatte ich es doch mein Leben lang gehalten.
Warum eigentlich?
Wir Menschen empfinden es als selbstverständlich immer und überall unseren Interessen nachzugehen und erwarten Rücksichtnahme immer nur von den Anderen, von den Tieren, der Natur und zunehmend auch von unseren Mitmenschen.
Warum sollten die Rehe reagieren und nicht ich?
Ja, warum eigentlich nicht, es war nicht so schwer umzudrehen und zurückzugehen. Ich mußte ja ohnehin nirgends hin und nach Hause kam ich auch auf dem Weg, den wir gekommen waren. Also grüßte ich die Rehe, drehte mich langsam um und rannte neben meinem Hund freudig den Hügel wieder hinunter, heim.