Montag, Jänner 10, 2005

Von oben betrachtet

Die Aussichtsplattform befindet sich in vierundzwanzig Metern Höhe und die Gitterkonstruktion gibt Blicke in alle Richtungen frei. Darum gehe ich auch gerne rauf. Meine Hündin war schon einige Male mit oben, aber das Gitter gefällt ihr nicht so und darum bleibt sie nun lieber am Boden und wartet dort auf mich.
Ich genieße den Blick über die nahen Baumwipfel und lasse ihn in die Ferne schweifen, wo sich Hügelkamm an Hügelkamm reiht und am Horizont die ersten Berge sichtbar werden. Aber nicht nur der Blick über die Natur, sondern auch die Aussicht ins Tullner Feld, auf die Dörfer und Siedlungen, auf die Kraftwerke und die Zuckerfabrik, oder selbst der Anblick der Stadt Wien, dieses Meer an Gebäuden, mit ihren Hochhäusern und Kirchtürmen, mit Schornsteinen und Funktürmen ist faszinierend.
Natürlich liegt es an den veränderten Größenverhätnissen und der anderen Perspektive warum ich so gerne Dinge von oben betrachte. Aber vergleiche ich meine Verweildauer mit der anderer Besucher, oder vergleiche ich die Häufigkeit und Begeisterung mit der ich solche Aussichtswarten aufsuche, muß mich noch etwas anderes in seinen Bann ziehen. Und es sind längst nicht nur Aussichtswarten. Noch viel lieber steige ich auf Berge und es müssen nicht immer die Gipfel sein um ins Land schauen zu können.
Ich befinde mich zwar nicht "über den Wolken", obwohl am Berg gelegentlich auch das passiert, aber doch "über den Dingen" und ein gewisses Gefühl der Freiheit und sei es nur die Freiheit des Blickes, durchströmt mich. Dazu kommt die Distanz zu den bekannten Strukturen. Von oben betrachtet werden Häuser, Autos, einfach alle menschlichen Gebilde so winzig, verlieren sich im Vergleich mit der sie umgebenden Natur. Wie prägend sind doch Landschaftsformen, wie endlos dehnen sich Wälder, wie mächtig sind Bergstöcke und wie weit streckt sich der Horizont und gibt doch immer nur einen winzigen Ausschnitt der Erde frei.
Ich bin gerne oben und blicke hinunter, aber auch gerne ungehindert in alle Himmelsrichtungen und natürlich auch nach oben, zu den Wolken, zu Mond und Sonne und hinaus ins Weltall, zu den vielen, vielen Sternen. Und irgendwo zwischen Sandkorn und Himmelsstern befinde ich mich, lebe eine Zeit lang mit und bin Teil dieses Wunders.