Donnerstag, Jänner 27, 2005

Tsunami, Schnee und Menschen

Es gibt etwas, das mir bei den Amateur-Videos aus dem Katastrophengebiet der Tsunami aufgefallen ist, das ich bei den gegenwärtig heftigen Schneefällen im Osten Österreichs wiederfand, das ich aber auch schon vorher zunehmend häufiger beobachten konnte.
Ignorantes Verhalten der Natur, den Naturgeschehnissen gegenüber.
Unsere westliche Lebensweise, mit den von Maschinen vorgegebenen Zeittakten, mit dem pausenlosen, möglichst gleichförmigen Voranschreiten, hat uns zuerst zu einer Unabhängigkeit den Naturzyklen gegenüber verholfen und uns damit Freiheiten gebracht, mittlerweile aber ist diese Grundidee, wie bei den meisten westlichen Errungenschaften, pervertiert. Völlige Gleichgültigkeit der uns immer noch umgebenden Natur mit ihren Phänomenen gegenüber kennzeichnet unseren Alltag und wird so an unsere Kinder weitergegeben. Denen fehlt oft schon jeder Bezug zur natürlichen Umwelt und dementsprechend verhalten sie sich auch. Doch die Grundlage ist unser westliches, von grenzenloser Überheblichkeit geprägtes Selbstverständnis.
Wir glauben schon lang ohne Natur auskommen zu können, nicht mehr auf sie angewiesen zu sein beziehungsweise, als Gipfel der wahnwitzigen Selbstüberschätzung, glauben wir sogar, daß Natur unsere helfende, steuernde Hand benötigt. Wir glauben tatsächlich lenkend eingreifen zu müssen, um eine gesunde Entwicklung unserer Umwelt sicherzustellen.
Weiters sind wir felsenfest davon überzeugt, daß all unsere Geräte, Maschinen, technischen Einrichtungen uns der Natur zu jeder Zeit überlegen machen. Was wir selbst nich können, schaffen unsere Erfindungen, unsere mechanisierten Hilfskolonnen. Schneefall hällt uns nicht von unserem hektischen Treiben in unseren Hamsterrädern ab, lieber mühen wir uns alle den ganzen Tag ab zur Arbeit, zum Vergnügen, nach Hause zu kommen, als daß wir einen Tag einmal Ruhe gäben. Verkehrsunfälle, Staus, Verspätungen, immense Kosten für die möglichst gleichzeitige flächendeckende Beseitigung der Schneemassen, unnötige Schäden und unötige Verletzungen stellen keinen Hinderungsgrund dar, die Illusion der Naturunabhängigkeit aufrecht zu erhalten. Wir können, weil wir wollen und wir wollen wann es uns gefällt (das heißt immer). Ein Meer, das sich zurückzieht und in einer riesigen Welle heranbraust löst keine Bedenken, keine Sorgen, keine Flucht aus - höchstens die Hoffnung etwas Spektakuläres erleben zu können, das wir nur zu gerne auf Video festhalten - Animation ohne Aufpreis.
Wie oft sehe ich Kinder im Sommer ein kurzes Gewitter auf dem nach Hause Weg nicht in einer nahen überdachten Autobushaltestelle abwarten, sondern unbeirrt ihren Weg fortsetzen, mit einem Ausdruck von unbeholfenem Unverständnis warum gerade so etwas ihnen passiert. Auf die naheliegende Lösung fünf Minuten abzuwarten um dann trockenen Fußes nach Hause zu gehen kommen sie nicht.
Reagieren? Auf eine Welle, auf starken Schneefall, auf Lawinengefahr, auf einen Regenguß, auf Überflutungen... - wir glauben es nicht mehr nötig zu haben.

1 Comments:

Blogger Paris Travel Courtesan said...

Du schreibst so schoone! Beautiful poems, they touch the soul...Enjoy reading your thoughts and poetry. Take a look at my blog when you have time. Kathleen

Jänner 27, 2005 9:57 PM  

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