Montag, Jänner 31, 2005

Ich träume mir Tiere

Ich träume mir Tiere, aber ich erträume sie mir nicht und ich stelle sie mir auch nicht vor. Das eine wäre zu willkürlich, das andere zu oberflächlich. Es braucht Geduld und Offenheit, denn Träume lassen sich nicht zwingen, aber sie kommen und man kann auf sie warten.
Das Bild einer Tierart, Cervus elaphus, der Rothirsch, war mir bisher verborgen geblieben. Nicht, daß ich nichts über den Rothirsch gewußt hätte, auch gab es, zwar nur ein paar wenige, aber eben doch Begegnungen in freier Natur und trotzdem erfüllte diese Tierart kein Leben. Der Rothirsch war für mich wie eine Art einfältiger Kuh mit Geweih, die eben im Wald lebt und darauf wartet, vom Jäger erlegt, in Gatter eingepfercht und mühsam über den Winter gefüttert zu werden.
Ganz im Gegensatz dazu nahm ich die Karibus Nordamerikas wahr. Edle, intelligente Tiere, die in riesigen Herden weite Strecken zurücklegen, um sich einerseits den natürlichen Gegebenheiten und Erfordernissen anzupassen, aber sich andererseits damit die Landschaft in der sie leben und ihr Möglichkeiten zunutze zu machen.
Doch nun habe ich auch den Rothirsch geträumt und ich habe ihm sehr unrecht getan. Das, was er ist, ist er nur aufgrund menschlichen Tuns. Auch er würde wandern, würde sich anpassen und wäre intelligent und geschickt genug sich den natürlichen Bedingungen anzupassen und sie zu seinem Vorteil zu nutzen. Aber es ist ihm nicht mehr möglich, bauliche Eingriffe in die Landschaft verhindern das und so leidet vielleicht er am meisten unter der intensiven menschlichen Nutzung. Er wäre ein freies Tier, das zumindest zwischen den geschützteren Talniederungen im Winter und den begünstigten höheren Berglagen im Sommer wechseln würde. Wahrscheinlich würde er sogar größere Distanzen überbrücken, könnte in eine komplexere Wechselwirkung mit der Landschaft eintreten, aber er muß sich mit den paar ihm zugedachten Bergwaldgebieten zufrieden geben und verkommt dort zur "umsorgten" Lieblingstrophäe des Waidmanns.
So hat auch das herbstliche Röhren des Hirsches in der Brunftzeit für mich einen zusätzlichen Klang bekommen. Es ist ja gerade der Hirsch die einzige Tierart außer dem Wolf, die lautstark ihr Anwesenheit hinausbrüllt, die sich nicht heimlich gibt und sich versteckt. Es war ein beeindruckendes Erlebnis, als ich alleine in einem Hochtal war und vor mich hingearbeitet habe, als von der vis-à-vis Seite das Röhren eines Hirsches erklang:
"Hier bin ich und ich fürchte mich nicht meine Anwesenheit allen mitzuteilen, denn ich bin stark und kräftig genug, um es mit allen Unwägbarkeiten aufzunehmen!"
Irgendetwas schwang in diesen Lauten mit, das mir bisher immer fremd geblieben war. Doch höre ich nun eine Sehnsucht nach Freiheit, nach den uralten Wandermöglichkeiten heraus, denn unsere heutigen Hirsche sind in ihren Bergwäldern eingesperrt. Zwar ohne Zaun oder Mauer, so gibt es doch neue Grenzen, unsichtbar und tödlich und damit für sie unüberwindlich.

2 Comments:

Blogger Paris Travel Courtesan said...

I see you have removed your post from my blog.. It would be interesting in knowing Warum?? Danke und gruss

Kathleen

Februar 02, 2005 3:16 PM  
Blogger Gernot H. said...

Hello Kathleen, I have posted my comment not knowing which world I entered. Afterwards, in reading some of your other posts (and the added comments) I got a glimpse of your world (at least in writing) and it differs in many ways, so I felt my comment not very appropriate, neither in style, nor in content.

Februar 02, 2005 3:44 PM  

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