Dienstag, Jänner 25, 2005

Carhu

Heute ist meine Malamut-Hündin zehn Jahre alt geworden. So lange hat mich noch nie ein Hund durchs Leben begleitet. Und die kühnsten Hoffnungen das Zusammenleben betreffend sind wahr geworden. Nach zehn gemeinsamen Jahren kennen wir einander. Der Hund ist in die Welt des Menschen eingetaucht und der Mensch in die des Hundes.
Die Worte drücken nur unzulänglich das Wunder der artüberschreitenden Kommunikation aus.
Wissenschaftlich betrachtet reduziert sich die Beziehung auf eine der optischen und akustischen Wahrnehmung. Über zehn Jahre hatten wir Zeit die Laute und Bewegungen des jeweils anderen kennenzulernen und durch Versuch und Irrtum auch zu verstehen. Nicht mehr und nicht weniger, weil alles andere läßt sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht nachweisen und vorallem mit den zugrunde liegenden Grundsätzen nicht vereinbaren.
Doch ich bin kein Wissenschaftler, also brauch ich mich um Objektivität oder Wiederholbarkeit nicht zu kümmern. Der Grad des gegenseitigen Verständnisses ist nicht oberflächlich, sachlich geblieben, sondern hat eine Tiefe erreicht, die nur schwer in Worte zu fassen ist.
Haben Tiere Gefühle, haben sie Sorgen, Ängste, Freude, denken sie in die Zukunft, oder erinnern sie sich an Vergangenes?
Aber natürlich, ja doch!
Denn so erlebe ich Carhu. Mal ist sie gut gelaunt, dann macht sie sogar Späße, mal will sie ihre Ruhe, ist nicht gut drauf und verkriecht sich, Mal ist sie wiederum grob und gefühllos dann kann sie so zart und vorsichtig sein und empfindet auch so, geht es ihr nicht gut macht sie sich Sorgen und kann es auch ausdrücken, auch wenn sie etwas nicht versteht zeigt sie ihre Ratlosigkeit und Verunsicherung.
Das Alles halt auf ihre Weise und ich bin mir nicht sicher, ob nicht sie wesentlich weiter in unsere Welt, in die Welt der Menschen eingetaucht ist und sie versteht als umgekehrt. Für sie stellt sich die Frage ob wir Gefühle, Gedanken oder sonst was haben sicher nicht. Sie weiß es und darum kann sie sich dem Wesentlichen widmen und versuchen die uns trennenden Fähigkeiten und Sinnesleistungen zu überbrücken.
Was wäre, wenn wir ein grundsätzliches Verhalten des Menschen ergründen wollten und dabei all die individuellen Eigen- und Besonderheiten ausschlössen um den Kern zu erfassen? Denn wissenschaftlich kann nicht anerkannt werden was nur ein Individuum kann, was eben gerade das Wesentliche des Individuums ist - die Einzigartigkeit!
Was ginge uns da nicht alles verloren. Doch genau das wollen wir bei Tieren erreichen. Wie verhält sich der Hund, der Wolf, der Hase, der Adler... Und warum negieren wir einfach das, was wir nicht, oder eben nur wissenschaftlich nicht erheben können? Wie wollen wir Gefühle eines Tieres feststellen, können wir das ja nicht einmal bei uns Menschen, doch bedeutet ja genau das nicht, das das Tier keine Gefühle hat.
Nur nebenbei erwähnt widersprechen diese wissenschaftlichen Vorgaben den Auffassungen der evolutionären Entwicklungstheorie. Evolutionär schließt eben gerade aus, daß etwas schlagartig bei einer Spezies einsetzt, ohne sich nicht schon vorher bei anderen entwickelt zu haben...