Donnerstag, Dezember 02, 2004

Wildnisgebiet

Es ist für mich wunderbar, daß es nun auch in meiner Heimat ein Gebiet gibt, in dem der Natur wieder erlaubt wird, sie selbst zu sein. Es freut mich so sehr, da ich solch einen Zugang in Österreich im Moment für ausgeschlossen gehalten habe. Die Vorstellung und Umsetzung dieser Idee schien mir zwar sehr wünschenswert, aber bei den gegebenen politischen, rechtlichen und sozio-kulturellen Rahmenbedingungen als zu verwegen.
Wildnisgebiete waren für mich immer "nordamerikanische" Kostbarkeiten. Ein Ausdruck der noch zu findenden natürlichen Unberührtheit dieses Kontinents, wo Prozesse ablaufen dürfen, in die sonst überall eingegriffen wird. Kostbarer als Nationalparks, die aufgrund der Entwicklungen doch mehr dem Vergnügen des Menschen dienen. Dafür auch unscheinbarer, fast unbemerkt, wollen sie ja gar nicht zu viel Aufmerksamkeit, um eben nicht zu viele Menschen anzulocken.
Das ist dann auch der bittere Beigeschmack, der sich in meine Freude mischt. Ich würde gerne jeden Tag in so einem Gebiet herumstreifen, die Eindrücke müssen so ganz anders sein, als auf meinen täglichen Gängen im wirtschaftlich intensiv genutzten Wienerwald, der teilweise ja zu einem bloßen Holzacker verkommen ist. Obwohl, auch hier lassen sich Flecken finden, die zumindest eine Zeit lang, von den, zum Glück nur mehr in großen Maßstäben agierenden Förstern, unentdeckt bleiben, und ein hochinteressantes Eigenleben entwickeln können.
Doch es gibt zu viele von uns Menschen und zu wenig an Wildnisgebieten um eine tragbare Vermischung zu ermöglichen. So heißt die schwere Aufgabe auch "fort bleiben, meiden" um anderen Lebewesen Möglichkeiten zu ihrer Entfaltung zu geben. Und ihre, von den unsrigen so entgegengesetzten Lebensentwürfe, sollen wieder freie Bahn bekommen und dieses Land bereichern.
Mir ist bewußt, daß es nur ein kleiner, erster Schritt ist. Das Wildnisgebiet umfaßt etwa 2.480 ha. Das klingt vielleicht viel, doch stelle ich es in Relation zum größten österreichischen Nationalpark Hohe Tauern, mit etwa 180.000 ha, wird die Fläche schon bescheidener. Bedenkt man, daß die nordamerikanischen Nationalparks wie Yellowstone, mit fast 900.000 ha, oder Banff mit immer noch über 660.000 ha um ein vielfaches größer sind, schrumpft die Wildnisfläche Dürrenstein mehr und mehr zusammen. Nur zur Verdeutlichung: 24 qkm hier, 9.000 qkm dort.
Da wird verständlich, daß große Tiere in dem relativ kleinen Gebiet keinesfalls ihr Auslangen finden, um ungestört leben, interagieren und sich entwickeln zu können und eine darüber hinausgehende Unterschutzstellung nötig ist.
Wie gesagt, ein erster Schritt, aber ein wertvoller erster Schritt!