Donnerstag, Dezember 09, 2004

Rund um den See

Wäre ich leicht wie ein Entenküken, hätte ich über den See gehen können. Die Temperaturen haben ausgereicht, um eine dünne Eisdecke entstehen zu lassen. Noch zerbricht sie leicht und der Wind hat ausgereicht, um sie an zwei Stellen aufzubrechen. Die kleinen Eisschollen hat er ans Ufer getrieben und dort bilden sie nun richtige kleine Eisstöße. Weiße Eisbewehrungen des Ufers, die den Wasservögeln das an Land gehen unangenehm machen. So haben sich Stockenten und Bläßhühner in größeren Gruppen an den sonnenbeschienenen Stellen zusammengefunden. Dort hat die Wärme das Eis schmelzen lassen und so ist nicht nur die Wasserfläche sondern auch das Ufer eisfrei. Manche grundeln kopfüber, andere sind am Ufer und nehmen, auf einem Bein stehend, ein Sonnenbad, andere treiben ruhig am Wasser.
Es ist beschaulich und doch verwunderlich, wie diesen Wasservögeln die Kälte nichts anzuhaben scheint. Außerdem verlieren sie mit dem Zufrieren des Sees jedes Jahr fast ihren ganzen Lebensraum, und trotzdem schaffen sie es durch die, für sie schwierige Jahreszeit, ins nächste Frühjahr. Gerade die Zuflüsse bleiben eisfrei, doch ist dort das Wasser so seicht, daß es keinen ausreichenden Schutz vor Feinden bietet.
Der See ist zum Glück für die Tierwelt als Trinkwasserreservoir vorgesehen. So ist er für jede menschliche Freizeitnutzung gesperrt. Keine Boote und Schwimmer im Sommer, keine Eissegler und Schlittschuhläufer im Winter. Es führt eine Straße rundherum, doch von den Radfahrern, Wanderern und Skatern geht keine Gefahr und auch kaum eine Beunruhigung aus. Zur Freude die Angler wurde der See künstlich mit großen Fischen besetzt, denn was die Natur zu bieten hatte, war wohl nicht gut genug. So greift der Mensch immer wieder leichtfertig in Systeme ein, ohne sich der Folgen bewußt zu sein. Die gegebene Tierwelt hatte wenig Freude mit den künstlich eingebrachten. Für Reiher und Haubentaucher waren die Fische als Nahrungsquelle zu groß, die vorhandenen Fische wurden von der übermächtigen Konkurrenz verdrängt und für den See waren es bei dem warmen, regenarmen Sommer dann auch zu viele, denn einige der besetzten Fische sind schlichtweg erstickt - zu wenig Sauerstoff im warmen Wasser. Dann trieben die Leichen an der Wasseroberfläche, oder wurden ans Ufer geschwemmt. Nicht einmal die Krähen erfreuten sich an ihnen.
Doch nun herrscht wieder Ruhe. Die Enten und Bläßhühner schwimmen in größeren Gruppen, meist friedlich, denn die Revierstreitigkeiten sind vergessen und die Suche nach Nahrung gestaltet sich wohl für alle als schwierig. Das ganze Jahr draußen, das ganze Jahr am, oder in der Nähe des Wassers, das ganze Jahr von diesem doch recht kleinen Lebensbereich abhängig und doch reicht es aus, um das ganze Jahr leben zu können.