Montag, Dezember 27, 2004

Der laute Hase

Wir kamen vom Hügelkamm herunter, durch den offenen Altbestand und der Wind blies uns entgegen. Es war kalt und die Schneereste am Boden hatten sich halten können. Die Abenddämmerung hatte schon lange eingesetzt und die Sicht schwand von Minute zu Minute. Doch Carhu kennt ja schon lange alle Wege und wenn es nach Hause geht, läuft sie meist einige Meter voran. Bevor der Weg in die Forststraße einmündet, durchquert er noch einen zwanzig, dreißig Meter breiten Streifen dichten Buchenjungwuchses.
Am Rande dieses Streifens hörte ich trotz des lauten Windes plötzlich links neben mir im Unterholz ein Tier davonspringen. Nur kurz sah ich ein kleines Etwas mit dunklem Fell und einem hellen Fleck am Hinterteil. Bei Rehen nennt man den weißen Fleck am Hintern Spiegel und bei Hasen ist die Unterseite des Schwanzes (der Blume) ebenfalls weiß gefärbt. Es ging alles so schnell, daß ich mir einfach nicht sicher war, ob ich nun einen großen Waldhasen oder aber ein sehr kleines Reh gesehen hatte. Nur ein paar Momente vorher waren mir am schneebedeckten Weg die nur wenige Zentimeter großen, nein kleinen, Trittsiegel eines Rehs aufgefallen.
Carhu war schon vorbei und sie hatte auch nichts mitbekommen. So konnte ich unbesorgt stehen bleiben und horchen. Und tatsächlich, nur einige Meter entfernt waren nun deutlich Geräusche zu hören. Schritte, die jedesmal mit einem leichten Krachen durch die krustige Schneeoberfläche einbrachen. Nun war ich mir sicher, daß es sich um ein Reh handeln mußte. Spitze Hufe brechen nunmal leichter ein, als breite weiche Pfoten. Ich ging vorsichtig den Weg zurück um vielleicht doch noch einmal das vermeintliche Reh zu Gesicht zu bekommen. Und tatsächlich, zwischen den Ästen und Zweigen sah ich "es" noch einmal, das Tier, denn es war ein Hase. Ein schöner, großer Hase, der schwer genug war, durch die Schneedecke zu brechen. Darum flüchtete er wahrscheinlich auch gerade nur so weit, wie es seiner Meinung nach unbedingt sein mußte.
Carhu war durch mein Verhalten aufmerksam geworden und zu mir zurückgekommen. Um den Hasen nicht zu verraten setzte ich meinen Weg fort, auch wenn ich ihn noch gerne etwas beobachtet hätte.