Montag, Jänner 31, 2005

Ich träume mir Tiere

Ich träume mir Tiere, aber ich erträume sie mir nicht und ich stelle sie mir auch nicht vor. Das eine wäre zu willkürlich, das andere zu oberflächlich. Es braucht Geduld und Offenheit, denn Träume lassen sich nicht zwingen, aber sie kommen und man kann auf sie warten.
Das Bild einer Tierart, Cervus elaphus, der Rothirsch, war mir bisher verborgen geblieben. Nicht, daß ich nichts über den Rothirsch gewußt hätte, auch gab es, zwar nur ein paar wenige, aber eben doch Begegnungen in freier Natur und trotzdem erfüllte diese Tierart kein Leben. Der Rothirsch war für mich wie eine Art einfältiger Kuh mit Geweih, die eben im Wald lebt und darauf wartet, vom Jäger erlegt, in Gatter eingepfercht und mühsam über den Winter gefüttert zu werden.
Ganz im Gegensatz dazu nahm ich die Karibus Nordamerikas wahr. Edle, intelligente Tiere, die in riesigen Herden weite Strecken zurücklegen, um sich einerseits den natürlichen Gegebenheiten und Erfordernissen anzupassen, aber sich andererseits damit die Landschaft in der sie leben und ihr Möglichkeiten zunutze zu machen.
Doch nun habe ich auch den Rothirsch geträumt und ich habe ihm sehr unrecht getan. Das, was er ist, ist er nur aufgrund menschlichen Tuns. Auch er würde wandern, würde sich anpassen und wäre intelligent und geschickt genug sich den natürlichen Bedingungen anzupassen und sie zu seinem Vorteil zu nutzen. Aber es ist ihm nicht mehr möglich, bauliche Eingriffe in die Landschaft verhindern das und so leidet vielleicht er am meisten unter der intensiven menschlichen Nutzung. Er wäre ein freies Tier, das zumindest zwischen den geschützteren Talniederungen im Winter und den begünstigten höheren Berglagen im Sommer wechseln würde. Wahrscheinlich würde er sogar größere Distanzen überbrücken, könnte in eine komplexere Wechselwirkung mit der Landschaft eintreten, aber er muß sich mit den paar ihm zugedachten Bergwaldgebieten zufrieden geben und verkommt dort zur "umsorgten" Lieblingstrophäe des Waidmanns.
So hat auch das herbstliche Röhren des Hirsches in der Brunftzeit für mich einen zusätzlichen Klang bekommen. Es ist ja gerade der Hirsch die einzige Tierart außer dem Wolf, die lautstark ihr Anwesenheit hinausbrüllt, die sich nicht heimlich gibt und sich versteckt. Es war ein beeindruckendes Erlebnis, als ich alleine in einem Hochtal war und vor mich hingearbeitet habe, als von der vis-à-vis Seite das Röhren eines Hirsches erklang:
"Hier bin ich und ich fürchte mich nicht meine Anwesenheit allen mitzuteilen, denn ich bin stark und kräftig genug, um es mit allen Unwägbarkeiten aufzunehmen!"
Irgendetwas schwang in diesen Lauten mit, das mir bisher immer fremd geblieben war. Doch höre ich nun eine Sehnsucht nach Freiheit, nach den uralten Wandermöglichkeiten heraus, denn unsere heutigen Hirsche sind in ihren Bergwäldern eingesperrt. Zwar ohne Zaun oder Mauer, so gibt es doch neue Grenzen, unsichtbar und tödlich und damit für sie unüberwindlich.

Sonntag, Jänner 30, 2005

Eine von mehreren Fragen

Machen die Beziehungen, die wir mit Anderen haben uns aus, oder macht die Umwelt, in der wir leben uns aus?
Kinder, die nicht so gute soziale Beziehungen haben, sollen sehr viel Gefallen an der Natur entwickeln. Müssen wir also wählen, unsere Mitmenschen hier, die Umwelt da? Ist jeder Naturfreund ein asozialer, beziehungsbehinderter Mensch? Und sind damit Menschen, die gerne unter Ihresgleichen sind, naturentfremdete Umweltzerstörer?
Ich denke, es müßte beides unter einen Hut zu bringen sein, Natur- und Menschenfreund.
Doch wovon lassen wir uns ansprechen, in welcher natürlichen Umgebung fühlen wir uns wohl, welche menschlichen Kontakte möchten wir nicht missen?
Für den Naturaspekt gibt es die Theorie, daß uns die Umwelt anspricht, in der wir aufgewachsen sind, die wir von klein auf kennengelernt haben. Und wie schaut es mit den Menschen aus? Es müßten in Anlehnung an die Natur Personen sein, mit denen wir aufgewachsen sind, beziehungsweise Menschen die charakterliche Ähnlichkeiten mit uns, in unserer Kindheit nahestehenden Personen haben.
Dreht sich also alles um Ähnlichkeiten?
Bei der Partnerwahl soll unser unterbewußtes Hauptaugenmerk auf dem Wiedererkennen des eigenen Selbst im Partner sein, also in der Selbstähnlichkeit.
Liegt darin auch der Schlüssel zu all unseren Problemen, daß wir uns nämlich mit ähnlichen Abbildern zufrieden geben? Positiv formuliert kennzeichnet unser Hirn die Fähigkeit aus, aus Bruchstücken, aus eben nur mehr in unterschiedlichen Graden vorhandenen, also ähnlichen Bildern, Sätzen, Informationen noch den eigentlichen Sinn, die ursprüngliche Botschaft, den gesamten Inhalt rekonstruieren zu können, obwohl der gar nicht gegeben ist.
Erfassen wir etwas als Natur, weil wir einfach nicht anders können, als uns die fehlenden Teile im Geist zu ergänzen, die aufgrund des menschlichen Tuns verursachten Störungen nicht wahrzunehmen und uns sogesehen aus einer Naturähnlichkeit die Natur erdenken und damit mit der bloßen Ähnlichkeit zufrieden sind?

Samstag, Jänner 29, 2005

Trails

Natürlich gibt es ein deutsches Wort dafür, doch meine ich damit etwas ganz Bestimmtes, das sich sonst nur mit einer kurzen Beschreibung darlegen ließe. Und so verwende ich lieber diese kurze englische Bezeichnung - Trail.
In den letzten Tagen hat es stark und ausgiebig geschneit und so liegt jetzt etwa ein halber Meter luftigen Schnees über Allem. Wege und Pfade und natürlich auch die Forststraße sind nun unter der weißen Pracht begraben. Selbst mit den Langlaufskiern sinkt man tief ein und das Vorwärtskommen ist sehr mühsam. Gerade darum gehe ich gezielt meine bevorzugten Wege ab, stapfe durch den tiefen Schnee, hinterlasse eine Spur und lege so wieder ein eingermaßen benutzbares Wegenetz für alle die mir folgen an. Von meiner Hündin angefangen, die sich bei diesem pulvrigen Schnee trotz großer breiter Pfoten gehörig anstrengen muß, um vorwärts zu kommen, über andere Langläufer bis hin zu den ersten wagemutigen Spaziergängern, die sich auch vom vielen Schnee nicht abhalten lassen, folgen alle gerne dieser ersten Spur. Und mit jeder Benutzung wird die Spur kompakter, tragfähiger und damit besser benutzbar. Diese ausgetretenen Pfade, die sich durch die weiße unberührte Winterlandschaft schlängeln, sind meine Trails.
P.S: Auch die Tiere des Waldes, wie mir ihre Spuren verraten, benutzen gelegentlich ganz gerne diese Trails.

Donnerstag, Jänner 27, 2005

Tsunami, Schnee und Menschen

Es gibt etwas, das mir bei den Amateur-Videos aus dem Katastrophengebiet der Tsunami aufgefallen ist, das ich bei den gegenwärtig heftigen Schneefällen im Osten Österreichs wiederfand, das ich aber auch schon vorher zunehmend häufiger beobachten konnte.
Ignorantes Verhalten der Natur, den Naturgeschehnissen gegenüber.
Unsere westliche Lebensweise, mit den von Maschinen vorgegebenen Zeittakten, mit dem pausenlosen, möglichst gleichförmigen Voranschreiten, hat uns zuerst zu einer Unabhängigkeit den Naturzyklen gegenüber verholfen und uns damit Freiheiten gebracht, mittlerweile aber ist diese Grundidee, wie bei den meisten westlichen Errungenschaften, pervertiert. Völlige Gleichgültigkeit der uns immer noch umgebenden Natur mit ihren Phänomenen gegenüber kennzeichnet unseren Alltag und wird so an unsere Kinder weitergegeben. Denen fehlt oft schon jeder Bezug zur natürlichen Umwelt und dementsprechend verhalten sie sich auch. Doch die Grundlage ist unser westliches, von grenzenloser Überheblichkeit geprägtes Selbstverständnis.
Wir glauben schon lang ohne Natur auskommen zu können, nicht mehr auf sie angewiesen zu sein beziehungsweise, als Gipfel der wahnwitzigen Selbstüberschätzung, glauben wir sogar, daß Natur unsere helfende, steuernde Hand benötigt. Wir glauben tatsächlich lenkend eingreifen zu müssen, um eine gesunde Entwicklung unserer Umwelt sicherzustellen.
Weiters sind wir felsenfest davon überzeugt, daß all unsere Geräte, Maschinen, technischen Einrichtungen uns der Natur zu jeder Zeit überlegen machen. Was wir selbst nich können, schaffen unsere Erfindungen, unsere mechanisierten Hilfskolonnen. Schneefall hällt uns nicht von unserem hektischen Treiben in unseren Hamsterrädern ab, lieber mühen wir uns alle den ganzen Tag ab zur Arbeit, zum Vergnügen, nach Hause zu kommen, als daß wir einen Tag einmal Ruhe gäben. Verkehrsunfälle, Staus, Verspätungen, immense Kosten für die möglichst gleichzeitige flächendeckende Beseitigung der Schneemassen, unnötige Schäden und unötige Verletzungen stellen keinen Hinderungsgrund dar, die Illusion der Naturunabhängigkeit aufrecht zu erhalten. Wir können, weil wir wollen und wir wollen wann es uns gefällt (das heißt immer). Ein Meer, das sich zurückzieht und in einer riesigen Welle heranbraust löst keine Bedenken, keine Sorgen, keine Flucht aus - höchstens die Hoffnung etwas Spektakuläres erleben zu können, das wir nur zu gerne auf Video festhalten - Animation ohne Aufpreis.
Wie oft sehe ich Kinder im Sommer ein kurzes Gewitter auf dem nach Hause Weg nicht in einer nahen überdachten Autobushaltestelle abwarten, sondern unbeirrt ihren Weg fortsetzen, mit einem Ausdruck von unbeholfenem Unverständnis warum gerade so etwas ihnen passiert. Auf die naheliegende Lösung fünf Minuten abzuwarten um dann trockenen Fußes nach Hause zu gehen kommen sie nicht.
Reagieren? Auf eine Welle, auf starken Schneefall, auf Lawinengefahr, auf einen Regenguß, auf Überflutungen... - wir glauben es nicht mehr nötig zu haben.

Mittwoch, Jänner 26, 2005

Photo II


Carhu I
Originally uploaded by tonreg.
Carhu hat sich in ihrem Äußeren über die Jahre stark verändert, doch ihr Wesen, ihre gutmütige, freundliche Art hat sie nicht verloren.

Dienstag, Jänner 25, 2005

Carhu

Heute ist meine Malamut-Hündin zehn Jahre alt geworden. So lange hat mich noch nie ein Hund durchs Leben begleitet. Und die kühnsten Hoffnungen das Zusammenleben betreffend sind wahr geworden. Nach zehn gemeinsamen Jahren kennen wir einander. Der Hund ist in die Welt des Menschen eingetaucht und der Mensch in die des Hundes.
Die Worte drücken nur unzulänglich das Wunder der artüberschreitenden Kommunikation aus.
Wissenschaftlich betrachtet reduziert sich die Beziehung auf eine der optischen und akustischen Wahrnehmung. Über zehn Jahre hatten wir Zeit die Laute und Bewegungen des jeweils anderen kennenzulernen und durch Versuch und Irrtum auch zu verstehen. Nicht mehr und nicht weniger, weil alles andere läßt sich mit wissenschaftlichen Methoden nicht nachweisen und vorallem mit den zugrunde liegenden Grundsätzen nicht vereinbaren.
Doch ich bin kein Wissenschaftler, also brauch ich mich um Objektivität oder Wiederholbarkeit nicht zu kümmern. Der Grad des gegenseitigen Verständnisses ist nicht oberflächlich, sachlich geblieben, sondern hat eine Tiefe erreicht, die nur schwer in Worte zu fassen ist.
Haben Tiere Gefühle, haben sie Sorgen, Ängste, Freude, denken sie in die Zukunft, oder erinnern sie sich an Vergangenes?
Aber natürlich, ja doch!
Denn so erlebe ich Carhu. Mal ist sie gut gelaunt, dann macht sie sogar Späße, mal will sie ihre Ruhe, ist nicht gut drauf und verkriecht sich, Mal ist sie wiederum grob und gefühllos dann kann sie so zart und vorsichtig sein und empfindet auch so, geht es ihr nicht gut macht sie sich Sorgen und kann es auch ausdrücken, auch wenn sie etwas nicht versteht zeigt sie ihre Ratlosigkeit und Verunsicherung.
Das Alles halt auf ihre Weise und ich bin mir nicht sicher, ob nicht sie wesentlich weiter in unsere Welt, in die Welt der Menschen eingetaucht ist und sie versteht als umgekehrt. Für sie stellt sich die Frage ob wir Gefühle, Gedanken oder sonst was haben sicher nicht. Sie weiß es und darum kann sie sich dem Wesentlichen widmen und versuchen die uns trennenden Fähigkeiten und Sinnesleistungen zu überbrücken.
Was wäre, wenn wir ein grundsätzliches Verhalten des Menschen ergründen wollten und dabei all die individuellen Eigen- und Besonderheiten ausschlössen um den Kern zu erfassen? Denn wissenschaftlich kann nicht anerkannt werden was nur ein Individuum kann, was eben gerade das Wesentliche des Individuums ist - die Einzigartigkeit!
Was ginge uns da nicht alles verloren. Doch genau das wollen wir bei Tieren erreichen. Wie verhält sich der Hund, der Wolf, der Hase, der Adler... Und warum negieren wir einfach das, was wir nicht, oder eben nur wissenschaftlich nicht erheben können? Wie wollen wir Gefühle eines Tieres feststellen, können wir das ja nicht einmal bei uns Menschen, doch bedeutet ja genau das nicht, das das Tier keine Gefühle hat.
Nur nebenbei erwähnt widersprechen diese wissenschaftlichen Vorgaben den Auffassungen der evolutionären Entwicklungstheorie. Evolutionär schließt eben gerade aus, daß etwas schlagartig bei einer Spezies einsetzt, ohne sich nicht schon vorher bei anderen entwickelt zu haben...

Montag, Jänner 24, 2005

4 - 3 - 2 - 1

Es war der Tag der Vögel - und des Schneefalls.
Nach Tagen der Unentschlossenheit, in denen sich warme und eisige Temperaturen abwechselten, in denen auf winterlichen Schneefall gleich wieder frühlinghaftes Tauwetter einsetzte, entschied sich das Wetter nun doch dem Winter den Vorzug zu geben. Sanft und geräuschlos fielen den ganzen Tag dicke, weiße, bauschige Schneeflocken aus einem konturlos grauen Himmel.
Vielleicht suchten deswegen die Vögel die nahe am Haus aufgestellten Futterhäuschen auf.
Vier große, imposante Nebelkrähen wagten sich in den Garten und marschierten Seite an Seite, sich gegenseitig Mut gebend, sogar bis zu der Stelle an der Hausmauer, wo sich die herabgefallenen Sonnenblumenkerne angehäuft hatten. Dabei konnte ich gut sehen, daß jede Krähe eine individuelle Gefiederfärbung aufweist und somit wiedererkennbar wäre. Eine war besonders auffällig, da ihr Kopf, im Gegensatz zu den meisten anderen, nicht vollkommen schwarz gefärbt war, sonder zur Hälfte bereits grau, wie ihr Körper. Vielleicht erkenne ich sie einmal wieder.
Drei Gimpel fanden sich am Futterhäuschen ein. Das letzte Mal habe ich Gimpel im Winter 01/02 beobachten können. Und heute fanden sich gleich zwei intensiv rot gefärbte Männchen und ein in dezentem beige-gelb gehaltenes Weibchen ein. Die schwarze Kopf- und Schnabelzeichnung ist allen gemein. Doch die Männchen haben hellgraue Rücken und schwarze, mit einem weißen Querband gezeichnete Flügel. Sie sind wunderschön anzusehen, sind aufgrund ihres farbenprächtigen Gefieders leicht zu erkennen und wie alles Schöne nur selten zu entdecken.
Zwei andere deutlich gefärbte Singvögel ließen sich blicken. Die blau orange gefärbten Kleiber, oder Spechtmeisen. Ich sehe diese Vogelart zwar regelmäßig, doch bisher war immer nur ein Vertreter beim Vogelhäuschen zu sehen. Heute haben sich endlich einmal zwei zur gleichen Zeit eingestellt. Vielleicht war es ja ein Paar, denn Weibchen und Männchen sind gleich gefärbt und damit nicht zu unterscheiden. Die orange Unterseite ist gerade im Kopfbereich von einem schwarzen Augenstrich, der in gerader Verlängerung des spitzen, schwarzen Schnabels verläuft, von der blauen Oberseite getrennt. Das gibt ihnen einen verwegenen Ausdruck, der gut zu ihren gewandten Bewegungen paßt, so klettern sie am Baum auch kopfüber.
Ein Vogel hätte gerne seinen Hunger am gut gefüllten Vogelhäuschen gestillt, doch das wäre sich einfach nicht ausgegangen. Eine, im Vergleich riesenhafte Nebelkrähe, landete am Ast neben dem Häuschen, das plötzlich so winzig aussah. Doch bevor sie einen Versuch unternahm an den Inhalt zu gelangen, war die Scheu vor dem angrenzenden Haus, vor dem nahen Menschen doch zu groß und sie flog wieder auf den nächsten Baum.

Sonntag, Jänner 23, 2005

Wald

Wald

Silva
Saltus

Tann
Hain
Holz
Bruch
Hag
Forst
Gehölz
Aue

Donnerstag, Jänner 20, 2005

Wind

Ich bleibe gerne stehen und schaue nach oben. Blicke hinauf zu den Baumwipfeln, zu den elegant spitz zulaufenden Fichten, den weit ausladenden Wienerwald-Lärchen, den feinen rutenhaften Buchen oder den knorrig gewundenen Eichen.
Dazu ist der Winter die ideale Zeit. Die laublosen Bäume geben Ausblicke frei, auf ein Schauspiel, das ich nur zu gerne beobachte. Wenn Böen in die Wipfel fahren und sie meterweit hin und her treiben, oder sich der Wind sanft mit den kahlen Kronen spielt, schwanken die riesigen Bäume, geben nach, feden zurück, so biegsam und elegant, daß man ganz vergißt, was sich da bewegt. Äste und Zweige wiegen sich, manchmal gemeinsam und sanft, wie in einer großen Woge, die den ganzen Wald erfaßt, dann wieder in einem wirren Durcheinander, als spürte jeder Baum seinen eigenen Windstoß. Dann werfen sich manche wild hin und her, während andere fast unberührt danebenstehen, da fließen Kronen ineinander, werden auseinandergerissen und geben den Himmel frei, schlagen Äste krachen gegeneinander, peitschen Zweige entfesslt wild um sich, als könnten sie die Nähe der anderen Bäume plötzlich nicht mehr ertragen, um sich gleich darauf wieder zu beruhigen und nur mehr leicht im Wind zu schwanken.
Überhaupt, wenn man nur die sich bewegenden Baumkronen im Blickfeld hat, steigt das Gefühl auf, als blickte man auf eine unruhige See. Vielleicht wird man sogar seekrank, wenn man nur lange genug schaut.

Mittwoch, Jänner 19, 2005

Spuren im Laub

Rotbuchen werfen im Herbst jeden Jahres Unmengen von Laub ab. Und dieses Laub verrottet nur langsam. So gibt es über den ganzen Winter eine luftige Laubschicht die den Boden bedeckt. Der Wind weht manche Orte kahl, türmt die Blätter dafür an windgeschützten Stellen, in Mulden und Gräben weit über knöchelhoch auf.
Geht man vorsichtig dahin und betrachtet diese Laubdecke genau, kann man die Spuren erkennen, die vorbeikommende Tiere hinterlassen haben. Die spröden, rötlich-braunen Blätter sind, wenn sie längere Zeit ungestört irgendwo gelegen sind, oberflächlich etwas heller. Vielleicht von der Sonne ausgebleicht, oder einfach nur trockener, als die darunterliegenden. Nun sinken die langen, dünnen Beine der Rehe tief ins Laub ein und bei jedem Schritt werden ein paar Blätter von unten aufgewirbelt und umgelegt. Die heben sich durch ihre dunklere, feuchtere Erscheinung von den helleren, oberflächlichen Blättern ab. Und die feinen dunklen Spuren im Laub sieht man und damit den Weg den das Reh genommen hat.
Ganz anders sind Fährten von Wildschweinen. Alleine das deutlich höhere Gewicht und die viel kürzeren Beine wirbeln viel mehr Blätter auf, graben das Laub richtig um und ihre Spuren sind nicht undeutlich und verschwiegen, sondern sie hinterlassen breite, deutlich sichtbare Bahnen.
So wie wir Menschen übrigens auch.

Dienstag, Jänner 18, 2005

Naturtelegramm

die Außentemperatur beträgt minus fünf Grad
der Himmel ist bedeckt
es scheint keine Sonne
dafür weht ein eiskalter Wind
die Bäume knarren und krachen
die Zweige sind weiß vor Reif
Lacken, Tümpel und der See sind zugefroren
der Boden ist trocken und hart
es ist sehr kalt
aber wunderschön!

Montag, Jänner 17, 2005

Negatives

Meine Umwelt liegt mir am Herzen.
Ich weiß nicht warum mir diese Gaben gegeben wurden und wozu ich sie einsetzen soll, aber wenn ich etwas kann, dann ist es beobachten und mir Gedanken machen und ich tue beides gern.
So diskutiere ich sehr oft mit Mitmenschen über diverse Problemstellungen. Meist sind es Themen die entweder sozialkritisch oder umweltbezogen sind. Um gut argumentieren zu können, informiere ich mich genau, suche verschiedene Quellen auf, beleuchte das Thema zuerst selbst von allen Seiten, zweifle und hinterfrage. Kritische Bücher, Artikel und Kommentare, die das gesamte menschliche Verhalten, unsere Angewohnheiten und Gegebenheiten durchleuchten, sind meine bevorzugten Informationsquellen. Es dauert meist seine Zeit, bis ich alles gelesen und verarbeitet habe, doch dann fühle ich mich gut gewappnet um in Diskussionen nicht sachlich unterzugehen. Auch baue ich meine Meinung auf Fakten auf, so gut es geht.
Um nicht nur zu reden, versuche ich auch persönlich ungewöhnliche Wege zu gehen und bewege mich nicht nur auf ausgetretenen Pfaden.
Doch sehe ich mich aufgrund beider Verhaltensweisen doch recht häufig mit unsachlichen, rein polemisierenden Anfeindungen konfrontiert. Gegen die kann ich mich zur Wehr setzen, was ich nicht kann, ist den Strom von Negativem, der mit diesen Anfeindungen mein Leben überschwemmt, auszuweichen.
Jeder Vorwurf, jede Unterstellung trifft mich, sei er auch noch so falsch, sei sie noch so ungerechtfertigt oder überzogen.
Es dauert dann immer wieder eine Zeit, bis ich mich von diesem Negativen gelöst habe und wieder das Positive in meinem Leben wahrnehmen und empfinden kann.
Und das ist nicht gut und ich frage mich, ob es für mein Leben wirklich gut ist, wenn ich mich so exponiere???
So gerne ich mich für soziale Rechte, für die Gleichheit der Menschen, für den Schutz der Tiere und für die Achtung unserer Umwelt einsetze, wenn ich selbst dabei untergehe, wird der Preis wohl zu hoch sein.

Sonntag, Jänner 16, 2005

Zwei Anmerkungen

Meine "Ruheplattform" ist weg.
Die kleine hölzerne Plattform am Rande eines Buchenaltbestandes ist nur mehr Geschichte. Ich kann mich nun nur mehr an sie und die Zeiten wo ich, auf ihr liegend in die Baumwipfel geblickt habe, erinnern. Wie es nun einmal in einem Wirtschaftswald so passiert, ist gerade dieser Waldteil geschlägert worden und im Zuge der Arbeiten haben die Waldarbeiter auch gleich die kleine Plattform entfernt. Jetzt dehnt sich dort nur mehr die wirre Leere, die so ein Kahlschlag mit den vielen, am Boden liegenden abgeschnittenen Ästen und Zweigen hinterläßt.
Es ist schade darum, bot das warme Holz der Bretter, gerade in den kühleren Übergangszeiten, einen herrlichen Platz um sich mitten im Wald gemütlich hinlegen zu können.

Das Rabenpaar ist wieder über mich hinweggeflogen, direkt über mich.
Ich war wieder einmal im Wald, ging gerade in einem Graben dahin, als ich entfernt, für mich bellende Laute hörte. Ich blieb stehen, um genauer zu hören von wo diese Geräusche kamen. Ich dachte zuerst an einen wildernden kleinen Hund, doch dafür kamen die Laute zu rasch näher, noch dazu nicht von den umgebenden Hängen, sondern aus der Luft über mir. Und da sah ich sie auch schon über den kahlen Zweigen. Sie flogen nebeneinander und stießen kurze krok-Laute aus. Jetzt war mir alles klar und viel zu schnell verschwanden sie wieder aus meinem Gesichtsfeld.

Samstag, Jänner 15, 2005

Schnee im Winter

Es schneit!
Aber nach den vielen warmen Tagen der letzten Zeit, ist es ein fast befremdliches Geschehen.
Die Schneeflocken tanzen im Wind und über der Landschaft liegt eine weißlich graue Wolkendecke. In Wellen wird es heller, dann hört es zu schneien auf, und wieder dunkler, dann bricht das nächste Schneegestöber herein. Leider ist der Boden zu warm, als daß die weiße Pracht liegen bleiben könnte. So schmelzen die Schneeflocken wenn sie zu Boden gesunken sind und die Erde quillt vor lauter Feuchtigkeit über.
Trotzdem ist die Erinnerung an die noch herrschende Jahreszeit willkommen und vertreibt die zu früh erwachten Frühlingsgefühle. So steht ja selbst die Sonne noch nicht hoch genug am Himmel, um wirklich wärmen zu können. Und zu schnell gehen die noch kurzen Tage in lange, kalte Nächte über.
Der Schneefall kommt schon zur rechten Zeit, doch weckt er auch Sehnsüchte an lang vergangene Wintertage, wo sich das Sonnenlicht in unzähligen Schneekristallen funkelnd spiegelte, wo Eisdecken die Seen und Tümpel bedeckte und Eislaufen ein Vergnügen von Groß und Klein war, an Schneeballschlachten und Schlittenpartien und an unzähligen Orten passten große, kugelige Schneemänner auf uns auf.
Doch das ist Schnee von gestern.

Freitag, Jänner 14, 2005

Das Reh

Diese Momente liebe ich.
Wir, meine Hündin und ich, waren schon eingebogen und wollten wieder den Weg zurückgehen, den wir vor zwei Stunden gekommen waren. Einen schmalen, kaum begangenen Pfad der zuerst von der Forststraße wegführt, um dann etwa parallel zu ihr zu verlaufen. Zu meiner großen Verwunderung aber auch Freude, benützen die meisten Wanderer lieber die breite Forststraße. Es dämmerte bereits, aber die Sicht war noch gut.
Na gut, wir gingen ein paar Schritte dahin, als keine zwanzig Meter vor uns, aus dem Unterholz, ein Reh auf den Pfad heraussprang, mit zwei, drei Sätzen den Abstand zu uns noch etwas vergrößerte dann aber ruhig stehenblieb und in unsere Richtung zurückblickte.
Auch wir waren stehengeblieben und beobachteten interessiert, was sich da vor uns abspielte. Das Reh war groß und kräftig, der Spiegel war gut zu erkennen und da ich kein Geweih erkennen konnte, mußte es sich folglich um eine ältere Rehgais handeln. Auch ihr Verhalten ließ auf ein höheres Alter und damit ausreichende Lebenserfahrung schließen. Ein harmloser Wanderer und ein ruhiger Hund versetzten sie nicht in Panik.
Ein paar kurze Momente blickten wir uns an, dann zog die Rehgais langsam weiter und mit einem Sprung verschwand sie wieder im Unterholz.
Um sie nicht weiter zu stören, kehrten wir um und gingen nun doch auf der Forststraße nach Hause.

Donnerstag, Jänner 13, 2005

Noch sind sie da

Noch sind sie da, meine "seltenen Wintergäste". Heute konnte ich sie dreimal kurz sehen und etwas länger auch hören. Die beiden Raben. Doch viel zu schnell fliegen sie einfach von einer Talseite zur andere hinüber, oder verschwinden hinter der nächsten Hügelkuppe. So bleibt es bei kurzen Momenten der Begegnung, doch die genieße ich. Sie sind frei und wenn ich sie sehen will, muß ich warten, muß ich mich begnügen, muß ich mich gedulden.
Aus dem Alpenzoo in Innsbruck ist mir ein jämmerliches Bild in Erinnerung geblieben. In einem kleinen überdachten Drahtgehege, denn als Voliere möchte ich es nicht bezeichnen, saß ein Rabe, stumpfsinnig, untätig und draußen flogen munter einige Krähen herum. Er hätte sicher gerne getauscht.

Mittwoch, Jänner 12, 2005

Barfüßig

Jetzt, bei diesem Wetter, lasse ich es lieber bleiben, doch wenn es wieder wärmer geworden sein wird, werde ich es wieder tun.
Barfüßig gehen.
Der direkte Kontakt mit dem Boden erschließt einfach eine neue Welt. Wenn die Füße wieder spüren, worüber man geht, sei es ein feucht kalter Lehmboden im Schatten alter Bäume, sei es ein wohlig weicher Nadelstreuboden unter großen Fichten, oder der unangenehm steinige Belag der Forststraßen, setzt man seine Schritte wieder bewußter und vorsichtiger. Und wenn nicht, spürt man es jedenfalls sofort. Aber auch die Landschaft erschließt sich einem deutlicher. Die Füße spüren die Feuchtigkeit kleiner Rinnsale, die unter Blättern für das Auge verborgen bleiben, sie bemerken karge, steinige Böden und sie lassen sich von Moospolstern verwöhnen.
Aber unser gegenwärtiger Zugang ist eher darauf ausgerichtet, durch möglichst festes Schuhwerk völlig unabhängig vom Untergrund, auftreten zu können. Wir brauchen uns nicht darum zu kümmern, worauf wir treten, wo und wie wir auftreten, wir können es durch Berg- und Wanderschuhe einfach. Dadurch entgeht uns aber Vieles. Nicht nur die Art und Weise wie wir uns bewegen verändert sich dadurch, sondern eben auch was wir über unsere Sinne auf- und wahrnehmen.
Ich erinnere mich noch gut an die abschätzigen Blicke mit denen ich bedacht wurde, als ich, im Taunus den Spuren des römischen Limes folgend, barfußgehend einer Gruppe "echter" Wandersleute begegnete. "Schaut euch den an, geht der doch barfuß". Für diese Leute war es offensichtlich völlig absurd ohne Schuhwerk, was heißt Schuhwerk, ohne feste Wanderschuhe, unterwegs zu sein.
Unsere Trennung von der Natur ist so alltäglich, so selbstverständlich geworden, daß es nur noch verwundert. Dabei ist es noch gar nicht lange her. Ich weiß selbst von meinem Vater, daß er als Kind im Sommer meist ohne Schuhe unterwegs war. Aber dafür dürfen wir heute in Wellness-Hotels dafür bezahlen, eigene Fußreflexzonen-Parcours benutzen zu dürfen.

Dienstag, Jänner 11, 2005

Die Sonnenuhr

Auf meinen Bergwanderungen habe ich einen kleinen Kompaß mit. Er wird so etwa drei Zentimeter im Durchmesser haben und war ursprünglich nur eine nette kleine Geschenkidee, denn in Österreich gibt es zu viele markierte Steige und Wege, um einen Kompaß zur Orientierung zu brauchen. Doch, da ich schon lange keine Armbanduhr mehr trage, dient mir der Winzling zur Zeitmessung, so eine Art umgekehrter Sonnenuhr.
Noch eine zweite Sonnenuhr "verwende" ich, doch dient sie mir nicht um Stunden und Minuten anzuzeigen, sondern macht mir nur den allgemeinen Gang der Dinge bewußt. Es sind die Bäume des Waldes und wenn ich genau bin, sind es immer nur die Nadelbäume. Die sind schlanker, gerader und damit für meine Zwecke besser geeignet. Und eigentlich verwende ich sie gar nicht. Ich nutze nur eine ihrer Erscheinungen, nämlich, daß sie bei Sonnenschein einen schön abgegrenzten Schatten werfen. So kann ich mich unbesorgt in einem relativ offenen Bestand hinsetzen oder hinlegen, etwas ruhen, die Sonne genießen und die Zeit vergehen lassen. Es dauert nie lange und ein Schatten nimmt mir das wärmende Sonnenlicht und erinnert mich - zumindest, daß die Zeit vergeht. Will ich etwas länger genießen, muß ich mir meinen Lagerplatz schon mit Bedacht aussuchen, doch die Erinnerung kommt bestimmt und das gefällt mir.
Außerdem gibt es nichts schöneres als den Gang der Sonne, den doch recht raschen Gang der Sonne über den Himmel, am über einen hinwegziehenden Schatten eines Baumes festzustellen. Selbst der Schatten von dicken Bäumen braucht nicht all zu lang und dabei erscheint uns die Sonne normalerweise doch als so unbeweglich, so am Himmel fixiert, daß wir ihre Bewegung gar nicht bemerken.

Montag, Jänner 10, 2005

Von oben betrachtet

Die Aussichtsplattform befindet sich in vierundzwanzig Metern Höhe und die Gitterkonstruktion gibt Blicke in alle Richtungen frei. Darum gehe ich auch gerne rauf. Meine Hündin war schon einige Male mit oben, aber das Gitter gefällt ihr nicht so und darum bleibt sie nun lieber am Boden und wartet dort auf mich.
Ich genieße den Blick über die nahen Baumwipfel und lasse ihn in die Ferne schweifen, wo sich Hügelkamm an Hügelkamm reiht und am Horizont die ersten Berge sichtbar werden. Aber nicht nur der Blick über die Natur, sondern auch die Aussicht ins Tullner Feld, auf die Dörfer und Siedlungen, auf die Kraftwerke und die Zuckerfabrik, oder selbst der Anblick der Stadt Wien, dieses Meer an Gebäuden, mit ihren Hochhäusern und Kirchtürmen, mit Schornsteinen und Funktürmen ist faszinierend.
Natürlich liegt es an den veränderten Größenverhätnissen und der anderen Perspektive warum ich so gerne Dinge von oben betrachte. Aber vergleiche ich meine Verweildauer mit der anderer Besucher, oder vergleiche ich die Häufigkeit und Begeisterung mit der ich solche Aussichtswarten aufsuche, muß mich noch etwas anderes in seinen Bann ziehen. Und es sind längst nicht nur Aussichtswarten. Noch viel lieber steige ich auf Berge und es müssen nicht immer die Gipfel sein um ins Land schauen zu können.
Ich befinde mich zwar nicht "über den Wolken", obwohl am Berg gelegentlich auch das passiert, aber doch "über den Dingen" und ein gewisses Gefühl der Freiheit und sei es nur die Freiheit des Blickes, durchströmt mich. Dazu kommt die Distanz zu den bekannten Strukturen. Von oben betrachtet werden Häuser, Autos, einfach alle menschlichen Gebilde so winzig, verlieren sich im Vergleich mit der sie umgebenden Natur. Wie prägend sind doch Landschaftsformen, wie endlos dehnen sich Wälder, wie mächtig sind Bergstöcke und wie weit streckt sich der Horizont und gibt doch immer nur einen winzigen Ausschnitt der Erde frei.
Ich bin gerne oben und blicke hinunter, aber auch gerne ungehindert in alle Himmelsrichtungen und natürlich auch nach oben, zu den Wolken, zu Mond und Sonne und hinaus ins Weltall, zu den vielen, vielen Sternen. Und irgendwo zwischen Sandkorn und Himmelsstern befinde ich mich, lebe eine Zeit lang mit und bin Teil dieses Wunders.

Sonntag, Jänner 09, 2005

Ein Kirchenschiff

Es gibt einen Abschnitt der Forststraße, an dem bilden die angrenzenden Bäume ein gotisches Kirchenschiff, mit einem erhabenen Spitzgewölbe. Die Forststraße führt am Kamm entlang und links und rechts stehen meist alte Buchenbestände. Der angesprochene spezielle Abschnitt aber, unterscheidet sich von anderen, ähnlich aussehenden, denn einen vergleichbaren harmonischen geglückten Eindruck konnte ich bisher nirgends wiederfinden.
Die Straße bildet den Boden und öffnet den Raum, wie in alten Kathedralen, bevor die Bestuhlung den Raumeindruck gemindert hat. Sie verläuft, an einer Wegkreuzung beginnend, vielleicht hundert Meter gerade, steigt dabei leicht an, um über eine Kuppe nach links hinten wegzubrechen. So blickt man nicht einer sich in der Ferne verlierenden Straße nach, sondern der Baumbestand schließt den von der Straße eröffneten Raum nach hinten ab. Aber nicht dicht und dunkel, wir befinden uns auf der Kammlinie, nein, der Bestand ist luftig, offen und hell und so entsteht der Eindruck, als würden dort strahlend durchscheinende Glasfenster den Altarbereich einrahmen.
Aber zurück zum großen Hauptschiff. Das wird nämlich links und rechts von mächtigen grauen Buchen begrenzt, die wie gewaltige Steinsäulen die Last des Daches tragen und den Blick in die Tiefe des Raumes lenken. Astfrei wachsen sie etwa zwanzig Meter in die Höhe, bevor symmetrisch von beiden Seiten, in spitzen Winkeln beginnend und dann leicht überhängend, relativ feine Äste eine Art natürliches Gewölbe bilden. Eben ein typisches gotisches Spitzgewölbe, mit den zur Versteifung nötigen Gewölberippen, von der Natur vorgezeigt. Doch auch das Gewölbe verdunkelt nicht, obwohl es schützend wirkt, es bleibt lichterfüllt, lebendig, offen.
Der Anblick beflügelt mich jedesmal, noch, doch da es nur gewachsen ist, hat es keinen Wert und in diesem Winter wurden bereits die ersten Bäume gefällt. Noch ist der Eindruck erhalten geblieben, wenn auch die natürliche Erhabenheit dieses besonderen Waldteiles doch schon etwas verloren gegangen ist. Mehr Bäume werden fallen und damit wird "mein" Kirchenschiff auch untergehen.

Samstag, Jänner 08, 2005

Sternenbilder

Seit Jahren wollte ich mehr von ihnen kennen, doch meinen Wunsch konnte ich mir nicht erfüllen. Nicht, daß ich mit besonderem Nachdruck die Sache betrieben hätte, aber es blieb ein beständiges Anliegen. Wie oft habe ich hinaufgesehen und bei aller Pracht mich doch in der schieren Unermeßlichkeit verloren. Sterne über Sterne - viele hell leuchtend, doch noch viele mehr nur blaß schimmernd, nur zu sehen, wenn man genau hinsieht und je mehr man sich anstrengt, desto verwirrender wird ihre Zahl. Und manche, eigentlich nur ein paar wenige, werden zu Sternenbildern zusammengeführt, zu sehr abstrakten muß man hinzufügen.
Mein Leben lang begleitet, denn ich kann mich nicht mehr erinnern wer oder wann sie mir gezeigt wurden, haben mich drei Bilder und ein Stern. Mit denen mußte ich auskommen und konnte nur davon träumen all die anderen kennenzulernen. Der Große Wagen mit seiner Deichsel und dem Hinweis wo sein kleiner Bruder, der Kleine Wagen mit dem prominenten Polarstern, der den Nordpol markiert, zu finden ist und ein weiteres großes Sternbild, nämlich Orion, mit seinem Gürtel, den drei nah beieinander stehenden mittleren Sternen und dem davon herabhängenden Schwert.
Alle anderen Sternenbilder waren mir verborgen geblieben.
Und plötzlich, seit heute Abend, erschließt sich mir der Sternenhimmel.
Ich war wieder einmal spät mit meinem Hund unterwegs, die Dämmerung war schon längst der Nacht gewichen und noch im Wald war mir der sternenklare Nachthimmel aufgefallen und hatte gelegentlich meine Blicke auf sich gezogen. Zwischen den Bäumen konnte ich nicht all zu viel erkennen, außer vielleicht einer W-förmigen Konstellation einiger Sterne. Als ich auf die freie Wiesenfläche hinaustrat war dieses "W" deutlich zu sehen, aufgestellt und etwas verlaufend und als ich die fünf Sterne länger betrachtet hatte, fiel mir auf, daß sie mitten auf der, leider nur sehr schwach sichtbaren Milchstraße lagen. Das Streulicht einer Millionenstadt erhellt den Himmel doch sehr.
Diese W-förmige Anordnung habe ich seither nicht mehr aus den Augen verloren. Wie sich später zuhause herausstellte war es Cassiopeia. Mit meiner Sternenkarte stand ich im Garten und blickte wieder hinauf zu den Sternen und mit den Orientierungspunkten Großer Wagen, Orion und neu Cassiopeia, erschloß sich zu meiner übergroßen Freude endlich der nächtliche Sternenhimmel. Da war Pegasus und Andromeda, da waren die Plejaden, das Siebengestirn, das mir in den letzten Tagen, besser gesagt Nächten, schon aufgefallen war, da war der Fuhrmann und nicht weit entfernt mein Sternbild, der Zwilling, mit Castor und Pollux, der Kleine Hund und auf der anderen Seite der Milchstraße, knapp über dem Horizont, mehr zu erahnen, beziehungsweise nur an seinem hellsten Stern, Sirius, festzumachen, der Große Hund und am anderen Ende der Milchstraße, nach Cassiopeia, der Schwan. Taurus, der Stier und Perseus kann ich als Sternbilder noch nicht wirklich erkennen, ich weiß nun aber wo sie etwa sind.
Doch auch bei den bekannten Sternbildern habe ich Neues entdeckt. Das Reiterlein, Alkor, dicht neben dem mittleren Stern der Deichsel des großen Wagens, oder Beteigeuze, den markanten linken oberen Eckpunkt des Orion, oder den Orionnebel im Schwert. Auf einmal sehe ich sie alle und stehe nun jede Nacht, wenn es die Wolken zulassen, im Freien und erfreue mich noch intensiver am Nachthimmel, weil er nun viel vertrauter und damit näher geworden ist. Lerne etwas von Ekliptik und von Tierkreisen, von Sternhaufen und Wolken, von Planeten und Fixsternen, lerne ihre Namen und bin glücklich sie zu sehen.

Freitag, Jänner 07, 2005

Ein erster Frühling

Es ist noch nicht einmal mitte Jänner und der sollte ja überhaupt der kälteste Monat sein, doch seit zwei Tagen gibt es erste Anzeichen für einen kommenden Frühling. Die Sonne lacht vom Himmel und wärmt, daß man getrost auf Jacken und Mäntel verzichten kann. Die Luft ist lau und vom munteren Gezwitscher der Singvögel erfüllt. Wir Menschen sind offensichtlich nicht die einzigen, die auf wärmere, sonnigere Tage warten.
Selbst die einheimischen Nebelkrähen sind verändert und zeigen sich schon wieder lieber paarweise. Nur unsere russischen Wintergäste, die Saatkrähen, erscheinen mir etwas verwirrt. Sollte es schon Zeit für den Rückflug sein, sollten sie sich tatsächlich wieder auf den Weg machen?
Frühling im Jänner, daß wird es wohl nicht sein und die Tage werden sicher wieder kälter, doch für einen ersten aufheiternden Hoffnungsschimmer hat es schon gereicht und die Erinnerung ist zurückgekehrt.

Donnerstag, Jänner 06, 2005

Nachtspaziergang

Die Tage sind schon merkbar länger geworden, doch wenn ich am Abend erst gegen sechs oder sieben Uhr mit meinem Hund aufbreche, ist es bereits wieder finster. Die Wege meiner Umgebung sind mir bekannt und so gehe ich dann doch lieber im Wald als zwischen den Häusern spazieren.
Da schon lange kein Schnee mehr liegt und wir außerdem Neumond haben, was für die Sternenbeobachtung wiederum sehr gut ist, ist es im Wald doch recht dunkel. Weil ich fürchte, einem anderen nächtlichen Spaziergänger mit Hund zu begegnen und ihn aufgrund der Dunkelheit nicht rechtzeitig zu erkennen, leine ich meinen Hund immer an. Das verdirbt zwar ein wenig die Freude, doch ist es besser als ganz auf den Gang durch den nächtlichen Wald zu verzichten.
Wenn man wenig sieht, kann man aber mehr hören, wenn man horcht.
Doch ist es im Wald zur Zeit recht ruhig.
Am auffallendsten ist noch das Quietschen und Knarren der Bäume. Einige sind in den letzten Wochen von Schnee und Sturm gegen andere gedrückt worden. Sie haben ihren festen Halt verloren und würden sie nicht die sie umgebenden Bäume stützen, wären sie schon umgestürzt. Ein leichter Wind genügt nun und es reiben sich Stämme und Äste quietschend oder knarrend aneinander.
Nur gelegentlich hört man, daß man nicht alleine ist.
Dann sprengt manchmal ein Tier ziemlich laut durchs Unterholz, da brechen Zweige und Äste und laut raschelt das aufgewühlte Laub und man hört wie erschreckt es ist. Doch wenn man leise unterwegs ist flüchtet es nur ein paar Sätze, die Hufe schlagen dumpf am Boden auf und man erahnt die Kraft der Sprünge und gibt sich damit zufrieden. Und dann gibt es gelegentlich ein paar mutige, die verharren einfach still und wenn man selbst viel Geduld und Ruhe hat um selbst länger still zu stehen, dann hört man das leise Rascheln, das selbst der vorsichtige Tritt eines Tieres im Laub verursacht. Zwei, drei Schritte, Pause, lauschen, war da nicht etwas, dann wieder ein paar wenige Schritte, wieder eine Pause. Wildtiere bewegen sich nicht beständig vorwärts, nur Menschen tun das und daran kann man sie auch gut akustisch erkennen.

Dienstag, Jänner 04, 2005

Kein Winter

Nun hat es mich erwischt. Die vielen Tage mit bedecktem Himmel, die langen Nächte und dazu das Ausbleiben des Schnees, haben sich auf meine Stimmung geschlagen. Die Jahreszeiten kann man sich nicht aussuchen und schon gar nicht wie sich das Wetter entwickelt, doch nun bin ich mißmutig und sehne mich nach einen herrlich sonnigen Wintertag, der sich über einer tief verschneiten Landschaft ausbreitet. Die Seen wären schon lange zugefroren und selbst die Bäche glucksten unter einer Eisschicht dahin. Die Tage sonnig und die Nächte sternenklar, ja so hätte ich alles gerne. Aber das ist so ziemlich das Gegenteil dessen, was zur Zeit vorherrscht. Nicht einmal der Boden ist gefroren, es ist einfach zu warm. Zu warm, zu trüb, zu feucht.
Jedes Wetter hat seinen Reiz und ich bemühe mich ihn auch zu entdecken und mich an der jeweiligen Besonderheit zu erfreuen. Doch nun hätte ich gerne Winter. Ich warte schon so lange darauf, daß er endlich einkehrt. Dieser endlose Herbst, der sich nun schon seit Wochen dahinzieht, ist mir zu lang geworden. Ich liebe die Abfolge der Jahreszeiten und ich bestehe darauf, daß es vier sind. Aber, daß was sich zuträgt, verdient den Namen Winter nicht. Nein, ohne Kälte, ohne Schnee und Eis sehe ich nichts, was dem Namen würdig wäre.

Samstag, Jänner 01, 2005

Vorsatz

Neujahr - eine Zeit für gute Vorsätze.
Und wieder einmal lasse ich mich von H. D. Thoreau inspirieren:

"What demon possessed me that I behaved so well"

Ich möchte nicht zurückblicken müssen und mir vorwerfen, bei der Verteidigung der Natur, aus Rücksicht auf die Gefühle Anderer, zu vorsichtig in meinen Formulierungen oder zu nachsichtig bei meinen Forderungen gewesen zu sein.